Erben & Vererben

Erbschaftssteuer bei Geschwistern: Alles Wichtige im Überblick

Bei Erbschaften unter Geschwistern ist die Erbschaftssteuer ein wichtiges Thema. Doch vielen ist nicht bewusst, dass eine Erbschaft vom Bruder oder der Schwester richtig teuer werden kann. Geschwister haben bei der Erbschaftssteuer einen niedrigen Freibetrag von nur 20.000 Euro. Auf den Erbanteil, der den Freibetrag überschreitet, müssen die meisten zwischen 15 und 30 Prozent Erbschaftssteuer bezahlen. Erblasser haben jedoch Möglichkeiten zur Steueroptimierung, zum Beispiel durch Schenkungen zu Lebzeiten oder geschickte Aufteilung des Erbes.

Porträt von Frau Dr. Tatjana Rosendorfer, Beraterin in München.

Dr. Tatjana Rosendorfer

Funktion Nachlassexpertin

Publiziert am

31. Oktober 2025

Wann erben Geschwister?

Gemäß der gesetzlichen Erbfolge werden Geschwister zu Erben, wenn der Erblasser unverheiratet ist, keine Nachkommen hat und mindestens ein Elternteil bereits verstorben ist. Bei einem kinderlosen Ledigen, deren Eltern bereits verstorben sind, erben die Geschwister zu gleichen Teilen. Bei einem kinderlosen Ledigen mit einem Elternteil erbt das Elternteil die Hälfte des Nachlasses, und die Geschwister teilen sich den Erbteil des verstorbenen Elternteils zu gleichen Teilen.

Wann Geschwister von Verheirateten erben

Auch bei Verheirateten ohne Kinder können die Geschwister nach der gesetzlichen Erbfolge Miterben werden. Ist das Ehepaar im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft verheiratet, dann erbt der Ehepartner drei Viertel vom Nachlass und ein Viertel geht an die Eltern. Leben beide Elternteile nicht mehr, erben anstelle der Eltern die Geschwister zu gleichen Teilen. Wenn nur noch ein Elternteil lebt, teilt es sich das Viertel mit den Geschwistern.

Wer seine Geschwister beim Nachlass berücksichtigen möchte, kann dies im Testament regeln. Das Testament kann handschriftlich oder notariell erstellt werden. Seinen Geschwistern (oder einem Geschwisterteil) kann man einen bestimmten Anteil am Nachlass oder bestimmte Gegenstände zusprechen. Wenn es keine pflichtteilsberechtigten Erben gibt, ist man dabei an keine Vorgaben gebunden.

Geschwister von Kinderlosen sind erbberechtigt

Wichtig zu wissen: Geschwister sind erbberechtigt, wenn der Erblasser keine Nachkommen hat, also weder Kinder noch Enkel. Einen Pflichtteilsanspruch haben Geschwister jedoch nicht. Der Erblasser kann sie in einem Testament von der Erbfolge ausschließen, ohne dass ihnen ein Pflichtteil zusteht.

Geschwister sind sogenannte Erben zweiter Ordnung. Sind Erben erster Ordnung vorhanden, kommen sie nicht zum Zuge. Erben erster Ordnung sind die Ehepartnerin oder der Ehepartner, eingetragene Lebenspartner sowie die Nachkommen (Kinder, Enkel und Urenkel).

Adoptivgeschwister sind rechtlich den leiblichen Geschwistern gleichgestellt. Halbgeschwister gelangen nur über den gemeinsamen Elternteil in die Erbfolge. Stiefgeschwister erben nicht nach der gesetzlichen Erbfolge.

Erbschaftssteuer: Freibetrag für Geschwister ist gering

Anders als Ehepartner, Nachkommen oder auch Eltern haben Geschwister bei der Erbschaft einen geringen Freibetrag von 20.000 Euro. Das bedeutet, dass Schwester und Bruder den Teil der Erbschaft, der 20.000 Euro übersteigt, versteuern müssen. Wie teuer das werden kann, zeigt das Kapitel weiter unten. Um Erbschaftssteuern zu sparen, sollten Erblasser frühzeitig planen (siehe letztes Kapitel).

Vielen stehen ihre Geschwister nahe. Das Erbrecht richtet sich aber nicht nach dem persönlichen Verhältnis zwischen Erblasser und Erben, sondern nach dem Verwandtschaftsgrad. 

Die höchsten Freibeträge bei der Erbschaftssteuer haben daher Erben der ersten Ordnung: Ehepartner (500.000 Euro), Kinder (400.000 Euro), Enkel (200.000 Euro, wenn die Eltern schon verstorben sind 400.000 Euro) sowie Eltern und Großeltern (100.000 Euro). Für alle anderen Erben beträgt der Freibetrag 20.000 Euro. Dazu zählen die Geschwister gleichermaßen wie Nichten und Neffen, Stief- und Schwiegereltern, geschiedene Ex-Ehepartner sowie Freunde und Nachbarn.

Über den Erbschaftssteuerfreibetrag hinaus können Geschwister Gegenstände bis zu einem Wert von 12.000 Euro steuerfrei übernehmen. Dazu zählt Hausrat (zum Beispiel Möbel, Haushalts- und Elektrogeräte oder Geschirr) und "bewegliche Gegenstände" wie Kunstgegenstände, Schmuck oder Fahrzeuge. Ausgenommen sind Bargeld, Wertpapiere, Münzen, Edelmetalle, Edelsteine und Perlen.

Erbschaftssteuer: Steuerklasse und Steuersatz

Die Steuerklasse bei der Erbschaftssteuer hat einen direkten Einfluss auf den Steuersatz, zu dem eine Erbschaft besteuert wird. Geschwister gehören zur Steuerklasse II, ebenso wie Nichten und Neffen, Stiefeltern, Schwiegereltern und -kinder und geschiedene Ex-Ehepartner. Sie zahlen einen höheren Steuersatz als Angehörige der Steuerklasse I, zu der Ehepartner, Kinder, Eltern und Großeltern zählen. Sie zahlen aber einen niedrigeren Steuersatz als Angehörige der Steuerklasse III, zu der alle weiter entfernten und nicht Verwandte zählen.

Als Angehörige der Steuerklasse II müssen Geschwister für Erbschaften 15 Prozent Erbschaftssteuer bezahlen, wenn der Wert der Erbschaft – über den Freibetrag von 20.000 Euro hinaus – bis zu 75.000 Euro beträgt (siehe Tabelle). Erbt ein Geschwisterteil über seinen Freibetrag hinaus zwischen 75.000 Euro und 300.000 Euro, muss es darauf 20 Prozent Erbschaftssteuern entrichten. Bei einer Erbschaft zwischen 300.000 Euro und 600.000 Euro beträgt der Steuersatz 25 Prozent, und bei einer Erbschaft zwischen 600.000 Euro und sechs Millionen Euro 30 Prozent. Darüber hinaus steigt der Steuersatz auf bis zu 43 Prozent.

Wichtig zu wissen: Liegt der zu versteuernde Wert genau an einer Wertgrenze (zum Beispiel bei 305.000 Euro oder 610.000 Euro), dann greift eine Berechnungsformel, um einen gleitenden Übergang zwischen den Steuersätzen zu ermöglichen (§19 Abs. 3 ErbStG). Mehr darüber erfahren Sie im Artikel "Die Höhe der Erbschaftssteuer".

Mit wie viel Erbschaftssteuer Geschwister rechnen müssen

Beispiele zeigen, mit welcher Steuerbelastung zu rechnen ist, wenn man von seiner Schwester oder seinem Bruder eine Erbschaft erhält (siehe Tabelle).

Eine Frau erbt von ihrem Bruder 50.000 Euro. Nach Abzug ihres Freibetrags von 20.000 Euro beträgt der zu versteuernde Anteil 30.000 Euro. Für Erbschaften bis zu 75.000 Euro beträgt der Steuersatz 15 Prozent. Sie muss 4.500 Euro Erbschaftssteuer bezahlen.

Ein Mann erbt von seiner Schwester 350.000 Euro. Nach Abzug des Freibetrags muss er 330.000 Euro versteuern. Für Erbschaften zwischen 300.000 und 600.000 Euro beträgt der Steuersatz 25 Prozent. Die Höhe der Erbschaftssteuer beträgt 82.500 Euro.

Wie Geschwister Erbschaftssteuer sparen können

Die Freibeträge der Geschwister bei der Erbschaftssteuer reichen in den meisten Fällen nicht aus, um Vermögen steuergünstig weiterzugeben. Eine Möglichkeit ist, die Erbschaft auf mehrere Personen zu verteilen: Sind die Geschwister verheiratet und haben Kinder, könnten auch diese im Testament berücksichtigt werden. Schwägerinnen, Schwager, Nichten und Neffen haben je einen Freibetrag von 20.000 Euro. Statt 20.000 Euro für den Bruder oder die Schwester lässt sich damit an die Familie der Geschwister ein Vielfaches steuerfrei vererben. Viele Erben haben ohnehin den Wunsch, eine Erbschaft mit dem Partner zu teilen und ihren Kindern etwas abzugeben. Steuerlich wesentlich günstiger ist es, wenn diese direkt selbst Erben werden!

Das Beispiel in der Tabelle zeigt, was das ausmachen kann. Jemand möchte seiner Schwester 150.000 Euro vererben (siehe Tabelle, Szenario 1, linke Spalte). Unter Berücksichtigung des Freibetrags von 20.000 Euro muss die Schwester 130.000 Euro versteuern. Sie gehört zur Steuerklasse II. Erben der Steuerklasse II müssen auf Erbschaften zwischen 75.000 Euro und 300.000 Euro 20 Prozent Erbschaftssteuer bezahlen. Das entspricht in diesem Fall 26.000 Euro.

Weniger als die Hälfte Erbschaftssteuer fällt an, wenn die Erbschaft auf die Familie der Schwester verteilt wird (Szenario 2, mittlere Spalte). Der Erblasser kann dem Ehemann, dem Sohn und der Tochter der Schwester jeweils 20.000 Euro erbschaftsteuerfrei vererben; die restlichen 90.000 Euro gehen an die Schwester. Unter Berücksichtigung ihres Freibetrags muss sie 70.000 Euro versteuern. Auf Erbschaften unter 75.000 Euro müssen Erben der Steuerklasse II 15 Prozent Erbschaftssteuer bezahlen, das sind in diesem Fall 10.500 Euro – und damit fast 60 Prozent weniger als wenn die Schwester alleine erbt.

Wenn bereits Enkel vorhanden sind, können auch diese berücksichtigt werden (Szenario 3, rechte Spalte). Großnichten und Großneffen haben ebenfalls einen Freibetrag von 20.000 Euro. Hat jedes Kind der Schwester ein Kind und bekommen der Ehemann, beide Kinder und beide Enkel je 20.000 Euro, erhält die Schwester 50.000 Euro. Unter Berücksichtigung ihres Freibetrags muss sie 30.000 Euro versteuern. Beim Steuersatz von 15 Prozent entspricht dies 4.500 Euro. Unterm Strich werden damit statt 26.000 Euro nur 4.500 Euro Erbschaftssteuer fällig, das sind 82 Prozent weniger.

Wie Geschwister mit Schenkungen Steuern sparen

Eine zusätzliche Möglichkeit sind Schenkungen zu Lebzeiten. Der große Vorteil von Schenkungen ist, dass die Freibeträge alle zehn Jahre erneut ausgeschöpft werden können.

Ein einfaches Beispiel (siehe Tabelle unten) zeigt, wie sich das auswirkt. Ein Mann hat 70.000 Euro, die er seinem Bruder zukommen lassen möchte. Im ersten Schritt schenkt er seinem Bruder 20.000 Euro. Dafür fällt keine Schenkungssteuer an. Nach seinem Tod soll der Bruder die übrigen 50.000 Euro erhalten.

Tritt der Erbfall mehr als zehn Jahre nach der Schenkung ein, steht der Steuerfreibetrag von 20.000 Euro erneut in voller Höhe zur Verfügung. In diesem Fall muss der Bruder 30.000 Euro versteuern. Beim Steuersatz von 15 Prozent fallen 4.500 Euro Erbschaftssteuer an (siehe Tabelle, linke Spalte).

Tritt der Erbfall innerhalb von zehn Jahren nach der Schenkung ein, kann der Freibetrag nicht erneut ausgeschöpft werden. Der Erbe muss 50.000 Euro versteuern und es fallen 7.500 Euro Erbschaftssteuer an (mittlere Spalte). Genauso hoch wäre die Steuerbelastung ohne vorherige Schenkung (rechte Spalte)

 

Bei Geschwistern, Nichten und Neffen sind die Freibeträge bei der Erbschafts- und der Schenkungssteuer identisch. Langfristig geplant, kann man seinen Schwestern und Brüdern, Schwägerinnen und Schwagern, Nichten und Neffen, Großnichten und Großneffen (sowie jeder anderen weiteren Person!) alle zehn Jahre 20.000 Euro schenken und es fällt keine Schenkungssteuer dafür an.

Worauf beim Vererben von Immobilien zu achten ist

Bei kinderlosen Hausbesitzern, deren Eltern bereits verstorben sind, sind die Geschwister oft die nächsten Erben. Eine Immobilie (oder mehrere!) im Nachlass kann diese jedoch vor große Probleme stellen. Die Geschwister leben unter Umständen weit entfernt von der Immobilie und müssen sich als Erbengemeinschaft trotzdem umgehend darum kümmern. Das selbst bewohnte Eigenheim steht leer, der Garten muss gepflegt und Rechnungen bezahlt werden. 

Möchte eines der hinterbliebenen Geschwister dort einziehen, kann es nicht vom Steuervorteil eines Familienheims profitieren; dieser ist nur Ehepartnern, Kindern und ggf. Enkeln vorbehalten. Es kann Streit entstehen über die Verwendung des Hauses oder viel Aufwand mit dem Verkauf. Besaß das verstorbene Geschwisterteil zudem noch Mietwohnungen, werden die Erben automatisch zu Vermietern. Auch die Erbschaftssteuer auf Immobilien kann erheblich sein, wie einige Beispiele in diesem Artikel zeigen.

Alleinstehende Kinderlose sind darum gut beraten, bereits zu Lebzeiten eine Lösung für die Immobilie(n) zu schaffen. Zweit-, Ferien- oder Mietwohnungen, von denen man sich vielleicht ohnehin schon länger trennen wollte, sollte man lieber verkaufen. 

Den Erlös kann man gut anlegen oder, wenn man darauf nicht angewiesen ist, Teile des Erlöses in Form von Schenkungen weitergeben. Eine zusätzliche Option sind Schenkungen und Erbschaften an gemeinnützige Stiftungen. Teile des (Nachlass-) Vermögens erhalten die Geschwister und weitere Teile des Vermögens werden gespendet bzw. im Testament gemeinnützigen Stiftungen zugedacht.

Eine Schenkung der Immobilie ist auch mit Nießbrauch möglich. Dabei wird die beschenkte Person Eigentümerin der Immobilie. Die schenkende Person behält aber das Recht, im Eigenheim zu wohnen oder bei einer Mietwohnung die Mieteinnahmen zu erhalten. Der steuerliche Wert der Schenkung wird um den Wert des Wohnrechts bzw. die erwarteten Erträge bis zum Lebensende des Schenkenden gemindert. Mehr erfahren Sie im Artikel „Schenkung mit Nießbrauch: Immobilien und Wertpapiere steuergünstig übertragen“.

Weitere Informationen

Möchten Sie Ihren Geschwistern etwas vererben oder planen Sie Schenkungen an Ihre Geschwister? Richtig geplant, können Sie und Ihre Geschwister dabei viel Steuern sparen. Die erfahrenen Nachlassexpertinnen und -experten des VZ beraten Sie individuell bei Ihrer Nachlassregelung oder unterstützen Sie umfassend bei der Nachlassplanung.

Haben Sie Fragen? Schreiben Sie an kontakt [at] vzde.com oder vereinbaren Sie einen Termin für ein unverbindliches und kostenfreies Erstgespräch in einem VZ in Ihrer Nähe.