Die Zinserhöhungen schlagen erst 2024 voll durch
Die Notenbanken kämpfen gegen die Inflation. Sie haben ihre Leitzinsen kräftig erhöht. Viele Firmen werden das erst im nächsten Jahr voll zu spüren bekommen. Denn dann werden sie deutlich mehr Zinsen zahlen müssen.

Die kräftig gestiegenen Leitzinsen werden Kredite von Privatleuten und Unternehmen deutlich verteuern. Dieser Mechanismus wirkt aber teils mit einiger Verzögerung. Ein Beispiel: Wer ein Immobiliendarlehen hat, merkt von den höheren Zinsen erstmals nichts. Erst wenn die Zinsbindung ausläuft, sieht man sich als Hausbesitzer plötzlich mit deutlich höheren Zinsen konfrontiert.
Ein ähnlicher Mechanismus der Geldpolitik dürfte zunehmend bei den Firmen durchschlagen. Denn in den nächsten Monaten werden die Unternehmen zahlreiche Kredite erneuern müssen. Das zeigt ein Blick auf die in US-Dollar verschuldeten Firmen. 2024 werden Anleihen in Anlagequalität ("Investment Grade") für rund 700 Milliarden US-Dollar fällig – der Großteil davon muss zu deutlich höheren Zinsen neu emittiert werden. Unternehmenskredite werden so spürbar teurer.
Als Folge dürften die Unternehmen weniger investieren und weniger Güter, Dienstleistungen und Arbeitskräfte nachfragen. Das wiederum dämpft die Teuerung, aber auch die Konjunktur. Die Leitzinserhöhungen der US-Notenbank Fed werden so ihre volle Wirkung erst mit einiger Verzögerung entfalten.
Auch bei den Euro-Unternehmensanleihen steigt der Refinanzierungsbedarf in den kommenden Monaten etwas an. Da sich die Unternehmen dann zu höheren Zinsen refinanzieren müssen, wird sich auch die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank erst später voll auswirken. Hier steht 2024 ein geringeres Rückzahlungsvolumen an. europäische Firmen müssen nächstes Jahr Anleihen im Wert von rund 354 Milliarden Euro refinanzieren. Im Jahr 2026 wird der Höchstwert an notwendiger Refinanzierung mit 436 Milliarden Euro erreicht (Grafik unten). In der Eurozone wird ebenso über diesen Mechanismus eine inflationsdämpfende Wirkung erreicht.
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Inflation in der Eurozone geht zurück
Im August fiel die Inflationsrate von 5,3 auf 5,2 Prozent. Die am Dienstag veröffentlichten finalen Daten bestätigten damit eine frühere Vorausschätzung. Zurück ging auch die Kernteuerung, nämlich von 5,5 auf 5,3 Prozent. Die Kernteuerung klammert schwankungsanfällige Preise für Energie und Lebensmittel aus.
Trotz des Rückgangs wird das Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von mittelfristig zwei Prozent weiterhin klar überschritten. Seit Sommer 2022 hat die EZB ihren Leitzins um insgesamt 4,5 Prozentpunkte erhöht, zuletzt vor einer Woche um einen viertel Prozentpunkt. So will sie dafür sorgen, dass die Inflation weiter sinkt. Bei der Inflation gibt es große Unterschiede innerhalb der 20-Ländergemeinschaft. Die niedrigsten Raten wurden in Spanien und Belgien verzeichnet (je 2,4 Prozent). Am stärksten stiegen die Preise zuletzt in der Slowakei (9,6 Prozent) und in Kroatien (8,4 Prozent).
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OECD prognostiziert schwaches Weltwirtschaftswachstum
Dieses Jahr dürfte die globale Wirtschaftsleistung um drei Prozent zulegen, schätzt die internationale Organisation. Für das nächste Jahr rechnet sie mit nur noch 2,7 Prozent Wachstum. 2022 waren es noch 3,3 Prozent. Ein wichtiger Grund für das flaue Wachstum seien die Zinserhöhungen der Notenbanken, welche die Wirtschaftsaktivität hemmen. Geht es nach der OECD, sind die Notenbanken mit ihrer Politik der höheren Zinsen auf dem richtigen Kurs – aber noch nicht am Ziel: Die Inflation dürfte sich in den nächsten Monaten zwar abschwächen, bleibe aber in vielen Volkswirtschaften über den Zielvorgaben der Zentralbanken.
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