Die Zinsen könnten länger hoch bleiben als erwartet
Die Finanzmärkte haben ihre Zinserwartungen angehoben. Sie befürchten, dass die ersten Zinssenkungen länger auf sich warten lassen als bislang angenommen. Was bedeutet das für Immobilienbesitzer und Anleger? VZ-Anlagechef Dr. Christoph Sax ordnet ein.

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Wie lange bleiben die Zinsen auf dem höheren Niveau? Diese Frage treibt derzeit die Finanzmärkte um. "Higher for longer" – also "höher für längere Zeit" ist die Erkenntnis, die sich unter den Investoren zunehmend durchsetzt. Dazu beigetragen hat auch das Protokoll der US-Notenbank Fed zum jüngsten Zinsentscheid. Es zeigt nicht nur, dass eine sanfte Landung noch immer möglich ist, sondern auch, dass im Fed-Gremium Uneinigkeit über den weiteren Verlauf der Teuerung herrscht. Zwar ist die Inflation der Konsumentenpreise auf 3,2 Prozent heruntergekommen. Sie liegt damit aber immer noch deutlich über dem langfristigen Inflationsziel der Fed von 2,0 Prozent.
Unmittelbar nach der Publikation des Protokolls haben auch die Finanzmärkte ihre Annahmen über den künftigen Zinsverlauf nach oben revidiert: Sowohl die langfristigen Zinsen als auch die Erwartungen bezüglich des zukünftigen Leitzinses sind in den USA gestiegen. Der Markt unterstellt, dass auch in den kommenden Jahren ein höheres Zinsniveau nötig ist als vor der Pandemie, um die Inflation langfristig im Zielbereich zu halten.
Begünstigt wurde der Anstieg der Dollar-Zinsen durch positive Konjunkturdaten aus den USA: Die US-Wirtschaft hat im Sommer etwas Fahrt gewonnen. Die Rendite von zehnjährigen US-Staatsanleihen (US Treasuries) ist erstmals seit vergangenem Herbst wieder deutlich über die 4-Prozent-Marke gestiegen. Auch die Realrendite zehnjähriger US-Staatsanleihen liegt auf dem höchsten Stand seit 2008 (Hinweis: Vergangene Renditen sind kein Indikator für die Zukunft). Das ist ein klares Zeichen, dass die Geldpolitik inzwischen stark restriktiv ist.
In den USA ist die kräftige Straffung der Geldpolitik aber noch nicht vollumfänglich in der Realwirtschaft angekommen. Das liegt zum einen daran, dass viele Haushalte über finanzielle Überschussreserven verfügen, die sie während der Pandemie gebildet haben. Zum anderen stützt der Staat mit Subventionen die Investitionstätigkeit der Industrie.
Hinzu kommt, dass sich viele US-Haushalte in der Niedrigzinsphase mit langfristigen Festhypotheken refinanziert haben. Die bisherigen Zinserhöhungen werden folglich erst noch zum Tragen kommen. Eine starke weitere Straffung der Geldpolitik in den USA erscheint deshalb unwahrscheinlich. Die Dollar-Zinsen dürften den Höhepunkt allmählich erreicht haben.
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