Ruhestand

Witwenrente und Witwerrente: Was Hinterbliebene wissen müssen

Wenn der Ehepartner stirbt, ändert sich die finanzielle Situation des Hinterbliebenen oft stärker als erwartet. Zusätzlich zur eigenen Altersrente erhält der oder die Hinterbliebene eine Witwenrente oder Witwerrente, je nach Situation die "Große Witwenrente" oder die "kleine Witwenrente". Unterm Strich sinkt das Haushaltseinkommen viel stärker als die Ausgaben. Ehepaare sollten dringend prüfen, ob ihre gegenseitige Absicherung ausreicht.

Dr. Tatjana Rosendorfer

Nachlassexpertin
Aktualisiert am
20. April 2023

In Deutschland bekommen mehr als fünf Millionen Menschen eine Witwenrente oder Witwerrente. Davon sind rund 4,5 Millionen Frauen und 720.000 Männer, so die jüngste Statistik der Deutschen Rentenversicherung (Stand: 31. Dezember 2021). Die gesetzliche Hinterbliebenenrente soll dazu beitragen, die wirtschaftliche Existenz zu sichern. Im Durchschnitt bekamen Frauen aber nur 684 Euro (im Westen) beziehungsweise 747 Euro (im Osten) an Witwenrente. Männer erhielten im Durchschnitt 338 Euro (im Westen) beziehungsweise 474 Euro (im Osten). Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sind davon bereits abgezogen, die Steuer noch nicht. Hinterbliebenenrenten sind gering, da sie 40 bis 75 Prozent niedriger sind als die Altersrente des Verstorbenen und eigene Einkünfte zu Abschlägen führen können.

Neu ab 1. Juli 2023: Renten und Einkommensfreibetrag steigen

Am 1. Juli 2023 steigen die Renten und damit auch die Witwen- und Witwerrenten im Westen um 4,39 Prozent und im Osten um 5,86 Prozent. Am 1. Juli wird auch der Einkommensfreibetrag angehoben. Das ist wichtig für Witwen und Witwer, die erwerbstätig sind. Einkünfte oberhalb des Freibetrags rechnet die Deutsche Rentenversicherung zu 40 Prozent auf die Rente an. Bis zum 30. Juni 2023 liegt der Einkommensfreibetrag im Westen bei 950,93 Euro und im Osten bei 937,73 Euro. Ab dem 1. Juli 2023 beträgt der Einkommensfreibetrag im Westen und Osten 992,64 Euro. Die Formel für den Einkommensfreibetrag ist 26,4 multipliziert mit dem aktuellen Rentenwert; dieser beträgt ab dem 1. Juli 2023 bundeseinheitlich 37,60 Euro.

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Voraussetzungen für die Witwenrente 

Frauen und Männer haben Anspruch auf die Hinterbliebenenrente, wenn sie mindestens ein Jahr verheiratet waren. Voraussetzung ist, dass der verstorbene Ehepartner bereits Rentner war oder die Mindestversicherungszeit – auch Wartezeit genannt – von fünf Jahren erfüllt hat. Stirbt der Ehemann oder die Ehefrau bei einem Unfall, besteht der Anspruch auf die Witwen- oder Witwerrente auch bei kürzerer Ehedauer oder wenn die Mindestversicherungszeit noch nicht erreicht ist. Wenn der Hinterbliebene später erneut heiratet, endet sein Anspruch auf die Witwenrente.

Die Witwenrente beantragen

Der hinterbliebene Ehepartner muss bei der Deutschen Rentenversicherung die Witwenrente bzw. Witwerrente beantragen. War der verstorbene Ehepartner bereits Rentner, wird im Sterbemonat die volle Altersrente gezahlt und die Witwenrente beginnt im Folgemonat. War der verstorbene noch kein Rentner, beginnt die Witwenrente mit dem Todestag. Wer sich nicht umgehend um den Rentenantrag kümmert, sondern diesen erst später stellt, kann die Hinterbliebenenrente rückwirkend für bis zu zwölf Monate erhalten.

Merkblatt

Witwenrente: Reicht die Rente, wenn der Partner stirbt?

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Das "Sterbevierteljahr"

In den ersten drei Monaten nach dem Tod des Ehepartners erhält der Hinterbliebene eine Witwenrente bzw. Witwerrente in voller Höhe der Rente des Verstorbenen. In diesem sogenannten "Sterbevierteljahr" werden die Einkünfte des Hinterbliebenen nicht auf seine Witwenrente oder Witwerrente angerechnet.

Die Höhe der Witwenrente und ihre Dauer

Erfüllt der Hinterbliebene die Voraussetzungen für die "große Witwenrente", erhält er oder sie eine Rente in Höhe von 55 Prozent (nach altem Recht: 60 Prozent) der Rente des Verstorbenen. Hierfür muss der Hinterbliebene entweder mindestens 46 Jahre alt sein (Stand 2023), ein minderjähriges oder behindertes Kind versorgen oder erwerbsgemindert sein. Die Altersgrenze steigt jedes Jahr um zwei Monate, bis sie 2029 bei 47 Jahren liegt.

Ist der Hinterbliebene jünger als 46 Jahre, erhält er oder sie nur die sogenannte "kleine Witwenrente" in Höhe von 25 Prozent der Rente des Verstorbenen. Die Zahlung der "kleinen Witwenrente" endet zwei Jahre nach dem Tod des Ehepartners. Wurde die Ehe vor 2002 geschlossen und einer der Ehepartner vor 1962 geboren, gilt das "alte Recht". Dann wird die Rente unbegrenzt ausbezahlt.

Die Beträge und die Voraussetzungen gelten für die gesetzliche Rentenversicherung. Für Betriebsrenten gelten im Wesentlichen die gleichen Bedingungen.

Plötzlich von Witwenrente leben: Geht das?

Ein Fall zeigt, wie sich die finanzielle Situation – in diesem Fall der Ehefrau – in kürzester Zeit ändert. Margrit B. musste sich um Geld nie Gedanken machen. Mit ihrem Mann führte sie ein unbeschwertes Leben. Die Kinder sind längst erwachsen, und sie kümmerte sich um Haus und Garten. Doch als ihr Mann unerwartet mit 62 stirbt, ist es für die 58-Jährige mit dem gewohnten Lebensstandard vorbei. Die Witwe steht auf einmal finanziell deutlich schlechter da.

Statt des Erwerbseinkommens des Mannes fließt nur eine Witwenrente. Hier steht sie noch vergleichsweise gut da: Da ihr Mann vor 1962 geboren und ihre Ehe vor 2002 geschlossen wurde, hat sie Anspruch auf die "große Witwenrente" nach "altem Recht" (siehe Tabelle oben) in Höhe von 60 Prozent seiner Rente. Da ihr Mann aber noch nicht in Rente war, muss sie Abschläge hinnehmen. Für jeden Monat, den ein Ehepartner vor dem Alter von 64 Jahren und 10 Monaten verstirbt (gilt 2023), zieht die Rentenkasse nämlich 0,3 Prozent ab – maximal jedoch 10,8 Prozent. Diese Altersgrenze steigt bis 2024 schrittweise auf 65 Jahre.

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Herr B. hatte bei der gesetzlichen Rentenversicherung einen Rentenanspruch von 2.200 Euro pro Monat. 3 Monate lang bekommt seine Witwe diese Rente in voller Höhe ausgezahlt. Danach sind es nur noch 60 Prozent als Witwenrente. Da Herr B. vorzeitig verstorben ist, werden für 24 Monate jeweils 0,3 Prozent abgezogen – insgesamt also 7,2 Prozent.

Die Rechnung sieht wie folgt aus: Von den 2.200 Euro werden 7,2 Prozent abgezogen, bleiben also 2.041 Euro. 60 Prozent davon ergeben eine Witwenrente von 1.225 Euro. Davon gehen noch Einkommensteuern und die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab.

Für die Witwe reichen die 1.225 Euro nicht aus, um Lebenshaltung und laufende Kosten zu bestreiten. Die Ausgaben für Wohnen, Auto und viele Versicherungen bleiben gleich. Die Steuerbelastung steigt sogar, da sich der Grundfreibetrag für Ehepaare ab dem folgenden Steuerjahr um fast 10.000 Euro auf den für Singles halbiert. Die Folge: Wenn Frau B. kein zusätzliches Einkommen bezieht, muss sie ihre Ausgaben deutlich reduzieren und sich vielleicht sogar von ihrem Eigenheim trennen.

Vermögen für Altersvorsorge und Absicherung des Ehepartners

Das Ehepaar ist nur ein Beispiel von vielen. Zahlreiche Ehepaare wiegen sich in falscher Sicherheit. Stirbt der Hauptverdiener, kommt für den hinterbliebenen Ehepartner oft das böse Erwachen. Viele sind überrascht, mit wie wenig Renteneinkünften Witwen oder Witwer zurechtkommen müssen. Noch schlechter da stehen Geschiedene sowie Selbstständige, die nicht in die Rentenkasse einzahlen. Daher sollten sich Ehepaare frühzeitig informieren, mit welchen Hinterbliebenenrenten sie rechnen können. Reichen die zu erwartenden Renten und sonstigen Einkünfte im Alter nicht aus, empfiehlt es sich, frühzeitig die Eigenvorsorge entsprechend zu verstärken.

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