Geldanlagen

Leitzins: Was bedeuten die Entscheidungen der Notenbanken für die Verbraucher?

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihren Leitzins im April unverändert belassen. In der Eurozone liegt er aktuell bei 4,50 Prozent. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hingegen hatte am 21. März verkündet, ihren Leitzins zu senken – von 1,75 auf 1,50 Prozent. Ende April steht die nächste Zinsentscheidung der US-Notenbank Fed an; in den USA dürften Zinssenkungen aber vorerst vom Tisch sein. Was bedeutet das für Anleger und Kreditnehmer?

Andreas Limoser
Anlageexperte
Aktualisiert am
18. April 2024

Im Kampf gegen die Inflation haben die Notenbanken 2022 begonnen, die Leitzinsen schrittweise anzuheben. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte die Leitzinsen zehnmal in Folge angehoben und seit dem Herbst 2023 bei 4,50 Prozent belassen. Der für die Finanzmärkte wichtigere Einlagesatz beträgt 4,00 Prozent. Die US-Notenbank Fed hat die Leitzinsen elfmal in Folge angehoben. Das Leitzins-Band liegt bei 5,25 bis 5,50 Prozent. 

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Ziel der Leitzinserhöhungen ist es, Kredite zu verteuern. Damit soll die Nachfrage und in der Folge die Inflation gebremst werden. Wenn Kreditzinsen steigen, schrauben Unternehmen in der Regel Investitionen zurück. Verbraucher reduzieren ihren Konsum, da Kredite teurer werden und die Zinsen auf Sparguthaben steigen. 

Sinken Angebot und Nachfrage, sinken auch die Preise. Es kann allerdings einige Monate dauern, bis die Maßnahmen ihre Wirkung entfalten.

Mehr zu den Leitzinsentwicklungen in Europa, den USA und in der Schweiz lesen Sie weiter unten in diesem Artikel. 

Was bedeuten die Notenbankentscheidungen nun für Sparer und Anleger?

Sparer können sich seit längerem wieder über Zinsen freuen. Allerdings gibt längst nicht jede Bank die gestiegenen Leitzinsen in Form von höheren Tagesgeld- oder Festgeldzinsen weiter. Sparer sollten also die Konditionen vergleichen. Zugleich ist es wichtig, sich darüber im Klaren zu sein, dass die Inflation in Deutschland zum Teil deutlich höher ist als Zinsangebote der Banken. Real – also nach Abzug der Inflation – ist die Rendite in diesen Fällen negativ. Damit verliert das eingesetzte Kapital an Kaufkraft.

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Für die langfristige Geldanlage oder die Altersvorsorge ist daher ein breit gestreutes Anlageportfolio mit Aktien, Anleihen und eventuell auch Immobilien sinnvoll. Sämtliche Anlageklassen lassen sich mittels börsengehandelter Indexfonds (ETFs) günstig und transparent umsetzen. Im Einzelnen wirken sich die steigenden Zinsen unterschiedlich auf die wichtigsten Anlageklassen aus (siehe nächstes Kapitel).

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Auch bei der Geldanlage gilt die altbekannte Kaufmannsregel: "Im Einkauf liegt der Gewinn".

Auswirkung auf Anleihen, Aktien und Immobilien

Anleihen

Steigende Zinsen können die Kurse von bestehenden Anleihen belasten, weil neu ausgegebene Anleihen einen höheren Zinscoupon bekommen.

Um auf die gleiche Rendite wie die neuen Papiere zu kommen, müssen die Kurse von bestehenden Anleihen deshalb nachgeben. Betroffene Anleger sollten sich davon aber nicht verunsichern lassen. Kursverluste sind bei Anleihen immer nur temporär. Am Laufzeitende bekommen Anleihen-Inhaber stets den Nennwert von 100 Prozent ausgezahlt – vorausgesetzt, der Emittent bleibt zahlungsfähig. Aufgrund der mittlerweile deutlich gestiegenen Zinsen sind Anleihen wieder eine vielversprechende Geldanlage und können damit einen wichtigen Beitrag zum Anlageerfolg leisten.

Aktien

Grundsätzlich mögen die Aktienmärkte steigende Zinsen nicht, weil sie Anleihen attraktiver machen und dadurch als Anlageklasse stärker mit Aktien konkurrieren können. Zudem verteuern steigende Zinsen die Finanzierungsbedingungen für die Unternehmen. Das kann aber auch positive Folgen nach sich ziehen: Solche Situationen nutzen nämlich in der Regel viele Firmen, um ihre Strukturen zu verschlanken und ihre Verschuldung zu reduzieren. Sinkt dank der steigenden Zinsen die Inflation, entlastet das die Firmen beim Einkauf.

Die Aktienkurse haben sich denn auch mittlerweile deutlich von ihren Tiefständen im Herbst 2022 erholt. Mit zwischenzeitlichen Rückschlägen muss an den Aktienmärkten immer gerechnet werden, denn Wertpapiere unterliegen Wertschwankungen, Verlustrisiken und ggf. Fremdwährungsrisiken. Grundsätzlich gilt aber: Über Zeiträume von zehn Jahren und mehr haben Anleger am breiten Aktienmarkt in der Vergangenheit fast immer Gewinne erzielt – egal wann sie eingestiegen sind. Viele Aktien sind trotz der jüngsten Erholung noch immer attraktiv bewertet. Anleger, die jetzt einsteigen oder aufstocken, könnten langfristig mit einer attraktiven Rendite belohnt werden.

Immobilien

Für Immobilien können steigende Zinsen problematisch sein. Denn Liegenschaften werden häufig zu großen Teilen fremdfinanziert. Höhere Zinsen verteuern die Finanzierung in erheblichem Maße. Dadurch werden Immobilien als Renditeobjekte unattraktiver. Die Folgen sind bereits ersichtlich: Nach Jahrzehnten steigender Immobilienpreise gehen die Preise für Häuser und Wohnungen in vielen Regionen Deutschlands spürbar zurück. Für Objekte in weniger gesuchten Lagen ist es teilweise schwer geworden, einen Käufer zu finden.

Fazit: Mit einem intelligenten Mix aus Aktien und Anleihen sollten Anleger in Zeiten steigender Zinsen gut aufgestellt sein. Mit Kursschwankungen muss allerdings immer gerechnet werden.

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Fragen Sie sich, ob Ihr Geld in einer Renditeimmobilie gut angelegt ist? Die VZ Immobilien-Ampel gibt Orientierung bei der Entscheidung. 

Auch Immobilien können nach wie vor eine sinnvolle Rolle im Gesamtvermögen spielen. Angesichts der mittlerweile deutlich gestiegenen Finanzierungszinsen müssen Immobilienkäufer heute allerdings genau rechnen, ob sich der Erwerb eines weiteren Objekts noch lohnt oder ob es sogar sinnvoll sein kann, sich von dem einen oder anderen Objekt zu trennen. 

Über Leitzinsen, Mindestreservesätze und Anleihekaufprogramme

Anschließend noch ein paar Begriffe, die im Zusammenhang mit Notenbanken immer wieder fallen:

Leitzinsen

Leitzinserhöhungen und -senkungen sind ein klassisches Instrument der Notenbanken, um die Geldpolitik zu steuern. Steigen die Zinsen, wird es für die Geschäftsbanken teurer, Geld bei ihrer Notenbank auszuleihen. Die Geschäftsbanken geben die höheren Kosten an ihre Kunden weiter. Entsprechend sinken die Anreize in der Privatwirtschaft, Kredite zu beziehen. Gleichzeitig werden Anleihen interessanter, weil sie höhere Zinsen abwerfen.

Gesamtwirtschaftlich haben Zinserhöhungen das Ziel, die Konjunktur abzukühlen und die Teuerungsrate zu senken. In einem solchen Umfeld steigt die Sparquote der Bevölkerung, während die Neigung zum Investieren eher sinkt.

Mindestreservesätze

Ein weiteres Instrument der Notenbanken sind die Mindestreservesätze, die Geschäftsbanken als Sicherheit hinterlegen müssen. Dieses Geld steht den Banken dann nicht zur Kreditvergabe zur Verfügung. Erhöht die Notenbank den Mindestreservesatz, wird die umlaufende Geldmenge reduziert. Auch diese Maßnahme kann zur Senkung der Inflation beitragen.

Anleihekaufprogramme

Seit der Finanzkrise 2007/2008 waren die Notenbanken zunehmend durch direkte Käufe von Staats-, später auch Unternehmensanleihen tätig. Darunter versteht man den Kauf von Wertpapieren unmittelbar bei den Geschäftsbanken oder über die Börse. Ein durch dieses Programm künstlich gesenktes Zinsniveau hatte das Ziel, durch mehr ausgegebene Kredite die Wirtschaft zu stimulieren. Dabei wurde das relative Gewicht der jeweiligen Volkswirtschaft an der gesamten Eurozone auch beim Anteil der Anleihekäufe im Durchschnitt umgesetzt. 

Ende Juni 2022 wurde das Anleihekaufprogramm der EZB beendet. Anleihen, die im Rahmen dieses Programms gekauft wurden und zur Endfälligkeit auslaufen, werden jedoch wieder durch den Kauf neuer Anleihen durch die EZB ersetzt. Auf diese Weise wurde die Wirtschaft der Eurozone gestützt, aber auch die Geldmenge ausgeweitet. 

Je nach Währungsraum haben die Notenbanken unterschiedliche Ziele. Ein Ziel ist die Sicherstellung der Preisstabilität. Hinzu kommt die Unterstützung der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes, sofern dies nicht dem Inflationsziel entgegensteht.

Leitzinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB)

Nach zehn Leitzinserhöhungen in Folge hat die Europäische Zentralbank (EZB) am 11. April, am 7. März sowie am 25. Januar (wie bereits im Dezember und Oktober 2023) keine weitere Leitzinserhöhung vorgenommen. Der Leitzins liegt aktuell bei 4,50 Prozent. Den für die Finanzmärkte wichtigeren Einlagesatz hatte die EZB zuletzt im September ebenfalls um 0,25 Prozentpunkte auf 4,00 Prozent angehoben. 

Im September, Juli, Juni und Mai 2023 hatte die EZB den Leitzins für die Eurozone jeweils um 0,25 Prozentpunkte angehoben. Davor fielen die Zinserhöhungen – im Februar und März 2023 – mit jeweils 0,5 Prozentpunkten deutlich höher aus. 2022 hatte die EZB den Leitzins im Juli (0,5 Prozentpunkte), September (0,75 Prozentpunkte), Oktober (0,75 Prozentpunkte) und Dezember (0,5 Prozentpunkte) angehoben.

Die nächsten Sitzungen, auf denen der EZB-Rat über die Leitzinsen für die Eurozone entscheidet, finden am 6. Juni, 18. Juli, 12. September, 17. Oktober und 12. Dezember statt.

Leitzinserhöhungen der US-Notenbank Fed

Die US-Notenbank Fed hat in ihren Sitzungen im März und Januar 2024 sowie im Dezember, Oktober und September 2023 beschlossen, die Leitzinsen nicht anzuheben. Damit bleibt das Leitzins-Band bei 5,25 bis 5,50 Prozent (siehe Grafik, blaue Linie). Zuletzt am 26. Juli 2023 hatte die Fed die Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte angehoben. Im Juni war keine Leitzinserhöhung vorgenommen worden. Im Mai, März und Februar 2023 hatte die US-Notenbank ihr Leitzins-Band je um 0,25 Prozentpunkte angehoben.

Anfang 2022 hatte das Leitzins-Band bei 0,00 bis 0,25 Prozent gelegen, bevor es 2022 sieben Leitzinserhöhungen gab: im März (0,25 Prozentpunkte), im Mai (0,5 Prozentpunkte), im Juni, Juli, September und Oktober (je 0,75 Prozentpunkte) und im Dezember (0,5 Prozentpunkte). 

Die nächsten Sitzungen des "Federal Open Market Committee" (FOMC), auf der über die Leitzinsen entschieden wird, finden am 30. April/1. Mai, 11./12. Juni, 30./31. Juli, 17./18. September, 6./7. November und am 17./18. Dezember statt.

Leitzinserhöhungen der Schweizerischen Nationalbank (SNB)

Am 21. März 2024 hat die  Schweizerische Nationalbank (SNB) beschlossen, ihren Leitzins auf 1,5 Prozent zu senken. Am 14. Dezember 2023 war der Leitzins bei 1,75 Prozent belassen worden. Die letzten Erhöhungen waren im Juni 2023 um 0,25 Prozentpunkte, im März 2023 und im Dezember 2022 um je 0,50 Prozentpunkte. Von Mitte 2019 bis Juni 2022 hatte der Leitzins im negativen Bereich bei -0,75 Prozent gelegen. Im Juni 2022 wurde er um 0,5 Prozentpunkte auf -0,25 Prozent angehoben. Mit der Erhöhung im September um 0,75 Prozentpunkte lag er mit 0,50 Prozent wieder im positiven Bereich.

Die nächsten Sitzungen der SNB zur "Geldpolitischen Lagebeurteilung" finden am 20. Juni, am 26. September und am 12. Dezember statt.

Weitere Informationen

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