Kann Berkshires Magie ohne Warren Buffett überleben?
Ende dieses Jahres verliert Berkshire Hathaway mit Warren Buffett seine prägende Führungspersönlichkeit. Er gilt als erfolgreichster Investor der Welt. Was bedeutet der Generationswechsel für die Stärke des Unternehmens – und für die Anleger?

Warren Buffett zieht sich als CEO von Berkshire Hathaway zurück, zum 1. Januar 2026 wird der bisherige Vize-Vorsitzende Greg Abel sein Nachfolger. Auch wenn der Übergang an der Spitze formal geregelt ist, stellt sich eine zentrale Frage: Kann die einzigartige "Buffett-Prämie" – ein Aufschlag auf den Aktienkurs von Berkshire Hathaway aufgrund von Warren Buffetts Reputation – auch ohne das "Orakel von Omaha" Bestand haben? Buffett wird weltweit in den Medien so bezeichnet, da er in jährlichen Briefen an die Aktionäre von Berkshire Hathaway die aktuelle Geschäftsentwicklung beleuchtet und auch seine Gedanken zur Anlagestrategie teilt, frühere Entscheidungen reflektiert und auf wirtschaftliche und gesellschaftliche Themen eingeht.
Um die oben genannte Frage zu beantworten, lohnt ein Blick auf die Grundprinzipien, die Buffetts Anlagestrategie über Jahrzehnte geprägt haben. Buffett ist ein Value-Investor, und im Kern strebt man beim Value-Investing danach, Vermögenswerte unterhalb ihres tatsächlichen, inneren Wertes zu erwerben. Allerdings gibt es zwei unterschiedliche Ausprägungen dieses Konzeptes: den qualitativen, manchmal als "deep value" bezeichneten Ansatz sowie die quantitative, statistische Methode.
Die zwei Spielarten von Value-Investing
Beim quantitativen, statistischen Ansatz wird das Anlageuniversum systematisch nach Aktien durchsucht, die vordefinierte Kriterien erfüllen – beispielsweise niedrige Kurs-Gewinn-Verhältnisse oder hohe Dividendenrenditen. Diese Vorgehensweise ist replizierbar und skalierbar. Sie basiert auf der Annahme, dass sich Marktineffizienzen, die durch fundamentale Bewertungskennzahlen identifiziert werden, sich langfristig korrigieren. Wer einen Value-ETF kauft, setzt in der Regel auf den statistischen Value-Ansatz.
Der qualitative Value-Ansatz, wie ihn Buffett verkörpert, ist hingegen mehr Kunst als kennzahlenbasiertes Handwerk – und ist kaum replizierbar und skalierbar. Er beinhaltet ein tiefes Eintauchen in das Geschäftsmodell eines Unternehmens, dessen Wettbewerbsvorteile, die Qualität des Managements, die Dynamik der Branche und die langfristigen Zukunftsaussichten.
Die Bewertung in diesem Kontext basiert weniger auf Formeln und Kennzahlen, sondern auf einer ganzheitlichen, oft subjektiven Überzeugung hinsichtlich der Fähigkeit des Unternehmens, langfristig stabile Cashflows zu erzeugen. Dies erfordert Geduld, unabhängiges Denken und die Fähigkeit, Marktlärm auszublenden, um sich auf die intrinsische Qualität des Vermögenswerts zu konzentrieren. Buffetts Genie liegt in dieser qualitativen Einschätzung – in seiner Fähigkeit, außergewöhnliche Unternehmen und vertrauenswürdige Manager zu erkennen, oft in komplexen oder unbeliebten Branchen.
Berkshires Bewertungszuschlag
Damit kommen wir zur sogenannten "Buffett-Prämie". Über Jahrzehnte hinweg wurde Berkshire Hathaway mit einer Bewertung gehandelt, von der viele Analysten glauben, dass sie mehr als nur die Summe ihrer Teile widerspiegelt. Diese Prämie reflektiert nicht nur die vielfältigen Beteiligungen und die finanzielle Stärke des Unternehmens, sondern auch das immense Vertrauen des Marktes in Warren Buffetts Fähigkeit zur Verteilung des verfügbaren Kapitals – ein Faktor, der sich schwer quantifizieren lässt.
Mit dem Rücktritt stellt sich die Frage, ob der Markt Berkshire Hathaway weiterhin jene Prämie zugestehen wird, die untrennbar mit Buffetts Reputation verbunden ist. Die Herausforderung für das neue Führungsteam ist immens: Es muss nicht nur ein riesiges, komplexes Konglomerat lenken, sondern auch Buffetts einzigartige – und kaum kopierbare – Investmentmethode in eine institutionalisierte Praxis überführen. Kann die Fähigkeit, Wettbewerbsvorteile, Managementqualität und langfristige Branchentrends präzise zu bewerten, so in die Organisation integriert werden, dass der Markt dies als Kontinuität – und nicht als Verwässerung – von Buffetts Erbe wahrnimmt?
Die Märkte scheinen jedenfalls zunehmend weniger bereit, Berkshire die Buffett-Prämie zuzugestehen. Denn während des Kursrückgangs am Tag der Ankündigung von Buffetts Rücktritt noch relativ moderat ausfiel, ist der Kurs seither kontinuierlich abgebröckelt – und notiert mittlerweile über zehn Prozent unter den Kursen von vor zwei Monaten.
Angesichts der Unsicherheit über die Zukunft des Superstar-Unternehmens Berkshire Hathaway ist es für die meisten Anleger ratsam, auf eine einfache Strategie zu setzen: den gesamten Markt zu kaufen – etwa durch kostengünstige ETFs. So hat man automatisch auch die künftigen Superstarunternehmen im Portfolio und sichert sich zuverlässig die Marktrendite – unspektakulär, aber äußerst effektiv für langfristigen Anlageerfolg. Und das Beste daran: Diese Strategie funktioniert auch ganz ohne Genies.
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